Offiziell heißt er Dead Sea Ultra Marathon. Ultra, weil er länger als ein normaler Marathon ist. Wie lange genau weiß scheinbar niemand, denn offiziell sind es mal 50 km und mal 48,7 km. Jedenfalls ganz schön weit, zumindest wenn man zu Fuß unterwegs ist. Und das sind wir, eine Startergruppe von etwas über 100 Läufern und Läuferinnen. Das Feld der Marathonläufer, die zeitgleich 42,2 km vor dem Ziel starten, ist auch nicht größer. Für die Läufer wurden die beiden rechten Spuren der vierspurigen Autobahn Amman - Amman Beach (Totes Meer) komplett gesperrt. Wir haben also sehr viel Platz. Für arabische Verhältnisse ist alles sehr gut organisiert, wenn es für uns Europäer auch häufig recht chaotisch ausschaut.
Wir sind pünktlich um 6h00 am Start um dort nach einiger Zeit zu erfahren, dass der Start kurzfristig auf 7h00 verschoben werden muss. In der Dunkelheit ist es sehr kalt und ich kann jedem, der diesen Lauf mitmachen will, nur raten, alte wärmende Kleidung mitzunehmen (kann man nach dem Start einfach liegenlassen; es gibt dankbare Abnehmer). Die Temperatur dürfte bei gefühlten 5°C liegen. Amman liegt immerhin auf einer Höhe von 900 m über N.N. Der Prinz, ein Onkel des zurzeit herrschenden Königs Abdallah II., der diesen Lauf aus der Taufe gehoben hat und der den Startschuss geben wird, hat offensichtlich auch nichts von der Startverschiebung mitbekommen. Aber so haben wir Zeit, uns mit ihm zu unterhalten. Er ist ein sehr volksnaher und sympathischer Mann, der sich auch gerne mit einzelnen Läufergruppen fotografieren lässt. Ich unterhalte mich auch noch ein wenig mit dem Bürgermeister von Amman, der ganz enttäuscht ist, dass wir im Oktober nicht an seinem Stadtmarathon in Amman teilnehmen werden. Aber die Planung für 2009 ist bei den meisten schon lange abgeschlossen.
Der Start selbst erfolgt unspektakulär und das Feld zieht sich sehr schnell auseinander. Platzprobleme gibt es wirklich keine. Die ersten ca. 10 km gehen permanent leicht rauf und runter, wobei man die langen Anstiege nicht unterschätzen sollte. Den ersten km-Hinweis (noch 49 km; es ist rückwärts ausgeschildert) erreiche ich nach knapp 5 Minuten. Naja, 1 km war das jedenfalls nicht; höchstens 800 m (siehe oben). Danach scheinen die km-Angaben aber zu stimmen. Das Wetter ist jetzt prima. So könnte es den ganzen Tag bleiben. Ab dies bleibt wohl ein frommer Wunsch.
Wenige 100 m später habe ich die ersten 900 Höhenmeter geschafft und bin auf Meereshöhe. Eigentlich wollte ich mich hier mal fotografieren lassen, aber ich bin weit und breit alleine. Auch hinter mir sehe ich niemanden mehr (ich bin aber nicht der Letzte). Also mache ich meine Fotos und trabe weiter bergab. Die Temperatur ist inzwischen auch so angestiegen, dass frieren ein Fremdwort ist. Alle 3 km gibt es Wasser (jeweils Halbliter-Flaschen). Da der Salzverlust groß ist, sollte man etwas Salz mitnehmen; unterwegs gibt's keins. Es geht jetzt weitere 10 km bergab. Es ist ein recht einsamer Lauf und ich denke daran, dass ich am Meer jetzt so langsam mit Schwimmbewegungen anfangen sollte.
Aber diese letzten km am Ufer des Toten Meeres werden nochmal sehr hart. Die Sonne brennt, die Muskeln sind hart und der extrem trockene Wind vom Toten Meer ist auch nicht gerade erfrischend. Inzwischen habe ich auch schon einige Marathoni eingeholt. Das Feld verdichtet sich wieder etwas und man läuft nicht mehr so alleine. Etwa einen km vor dem Ziel sehe ich einen Marathoni am Straßenrand gehen. Ich nehme ihn bei der Hand und wir beschließen, jetzt gemeinsam bis zum Ziel durchzulaufen. Eine weitere gehende Marathonläuferin fangen wir kurze Zeit später auch noch ein. So laufen wir dann Hand in Hand bis ins Ziel, das ich nach 5 Stunden und 10 Minuten erreiche. Ein schöner aber auch anstrengender Lauf ist zu Ende. Die letzten km sowie der Zielbereich sind durch starke Polizeikräfte geschützt (vor wem auch immer). Sie bilden auch die einzigen Zuschauer, sind aber an uns Läufern ziemlich desinteressiert.
Im Zielbereich ist die Party in vollem Gange. Während die Ultra- und Marathongruppe nur wenig über 100 und auch die der Halbmarathoni nur knapp 500 Teilnehmer hatte, waren auf dem 10 km-Lauf über 3.000 Läufer bzw. häufig Wanderer unterwegs. Ebenso haben einige hundert Kinder den Lauf über 4,7 km absolviert. Diese genießen die laute Dicso-Musik, für die ich mich nun wirklich nicht begeistern kann. Es gibt ausreichend Verpflegungsstände, wo Essen und Trinken gekauft werden kann. Nachdem es unterwegs nur manchmal Bananen, meistens aber nur Wasser gab, habe ich Hunger.