Morgens musste ich feststellen, dass mein kleiner Fotoapparat leider defekt war. Aus diesem Grund konnte ich während des Laufes keine Bilder machen. Mein Dank geht deshalb an unseren schweizer Laufkameraden Markus, der sich spontan bereiterklärte, mir seine Bilder für diesen Bericht zur Verfügung zu stellen. Allerdings kam ich bei den meisten der von ihm fotografierten Punkte erst später vorbei, da er bereits über eine halbe Stunde vor mir im Ziel war.
Während Deutschland unter einer spätsommerlichen Hitzewelle mit bis zu 28°C litt, fuhren wir ins kühle Schottland. Nun ja, zum Marathon war dies bestimmt das bessere Wetter. Allerdings ganz so kühl hätte es auch nicht sein brauchen. Denn als die Busse nach rund 90-minütiger Fahrt den Startbereich erreichten, herrscht dort Nebel und eine unangenehme Nässe vor. Und die Temperaturen waren garantiert unter 10°C. Die Wolkendecke war vielleicht 10 m hoch und kam langsam nach unten, d. h. es war irgendwie nass.
Der Start verlief etwas spektakulär. Eine Dudelsack-Band marschierte gemäßigten Schrittes durch die Startformation bis vor die Startlinie und postierte sich dort an beiden Seiten. Danach schloss sich das Starterfeld wieder enger zusammen und auch die einzelnen Blöcke rutschten auf (wir hatten uns auf freiwilliger Basis in den vorgegebenen Zeitblöcken eingereiht). Inzwischen war der Nebel durch einen feinen Sprühregen abgelöst worden.
Nach dem Start, der Sprühregen war nun einem schönen Landregen mit Tendenz zur Steigerung gewichen, ging es auf der einzigen Landstraße in dieser Gegend in Richtung Loch Ness. Der Start war zwar auf eine Anhöhe, aber das heißt noch lange nicht, dass es nun nur bergab ging. Es folgte ein welliger Kurs mit bis zu 14% Steigung/Gefälle. Von der Landschaft sah man bei diesem Wetter wenig. Die nächsten Kilometer liefen wir im Regen. Allerdings war die Stimmung trotzdem prima. Zufälligerweise traf ich Gerd, einen Deutschen aus Düren. Wir beschlossen, die nächsten Kilometer bzw. Meilen (es waren ja nur Meilen ausgeschildert; das Ziel war nach 26,2 Meilen erreicht) zusammen zu laufen. Er kannte die Strecke und konnte mich schon vor den Bergen warnen. Das nutzte zwar wenig, denn hoch muss man ja eh, aber ich konnte mich schon geistig darauf einstellen. Abgesehen davon läuft sich so eine lange Strecke einfacher, wenn man sich dabei unterhalten kann. So ging es nun zwar auf und ab, aber die Tendenz nach unten war klar erkennbar. War bei Meile 1 das Feld noch recht dicht zusammen, so zog es sich jetzt doch etwas auseinander. Gedränge gab es jedoch zu keinem Zeitpunkt. Theoretisch konnte jeder seine vorgenommene Zeit laufen. Unten am Loch Ness wurde das Wetter dann auch besser. Der Regen hörte ganz langsam auf. Von Sonne war zwar keine Spur zu sehen, aber die wird beim Marathonlaufen auch nicht unbedingt benötigt. Vom eigentlichen See (Loch heißt See) sah man relativ wenig. Meist war zwischen der Straße und dem See ein mehr oder weniger dichter Wald.
Die Berge um den See waren noch in Wolken oder Nebel, was auch immer, aber es regnete nicht mehr. Die Streckenversorgung wurde meist durch Kadetten des 2. Highlanderbatallions durchgeführt und funktionierte einwandfrei. Es gab genug zu trinken. Bananen, Obst oder sonstiges Essen wurde nicht angeboten. Das war aber schon vorher bekannt gewesen und wir hatten uns entsprechend eingedeckt. Der Halbmarathonpunkt war nicht separat markiert und so liefen wir am Ufer weiter bis Dores. Dies erreichten wir nach etwa 15 Meilen, also ein gutes Stück nach der Hälfte. Hier gab es sogar Zuschauer, die uns anfeuerten; sonst auf der Strecke eher unüblich (wo sollen die Leute auch herkommen?). Danach ging es noch mal ordentlich bergauf. Zuerst durften wir uns von Loch Ness verabschieden, ohne Nessie & Co. auch nur ansatzweise gesehen zu haben. Dafür wurde das Wetter immer besser.
Als Markus das Bild zurück über Loch Ness machte, war es noch recht bedeckt. Ich kam erst ca. 15 Minuten später an diese Stelle. Und da hatte die Sonne den Himmel schon etwas aufgerissen und die ersten blauen Ecken waren erkennbar. Das Wetter wurde zunehmend besser. Für uns hieß es aber jetzt erst Mal 2 Meilen mehr oder minder bergauf, wobei die meisten diese Strecke gehend bewältigten. Dafür ging es auf der anderen Seite wieder flott bergab. Ortschaften gab es auf der Strecke bis Inverness keine mehr, aber es wurde langsam wärmer. Das Feld hatte sich jetzt ziemlich auseinandergezogen. Ich hatte mich von Anfang an in die Gruppe der 4h30+ Läufer eingereiht und lag damit mit meiner Vermutung nicht schlecht. Irgendwie hatte ich mir einen Marathon an einem See einfacher vorgestellt. Aber dieser ist schon ein anspruchsvoller Landschaftslauf, bei dem nur wenige Strecken wirklich eben sind. Loch Ness war zu Ende, jetzt kam der Fluss Ness. Dieser führt das torfhaltige Wasser aus dem See in Richtung Inverness und dort in die Nordsee.
Nachdem wir den Wald verlassen hatten erreichten wir bei Meile 22 die ersten Häuser von Inverness. So richtig los war hier zwar auch nichts, aber nach einiger Zeit konnten wir die Ansagen im Zielbereich hören. Allerdings war dieser Bereich auf der andern Seite des Flusses.
Wir hatten noch ein gutes Stück vor uns und so langsam machte mir die Sonne zu schaffen. Hier in Inverness gab es strahlend blauen Himmel und Sonnenschein. Allerdings hatte es auch hier noch 3 Stunden vorher ordentlich geregnet. Wir durften jetzt also auf der rechten Flussseite bis nach Inverness laufen und dort über die große Steinbrücke den Fluss passieren. Jetzt waren es noch ca. 2 km bis zum Ziel. Gerd meinte zwar, dass wir jetzt nochmal richtig Gas geben könnten, aber dazu fehlte mir die Kraft. Ich war froh, das von ihm vorgegebene Tempo mithalten zu können. Dass Gisela uns kurz vor dem Ziel fotografierte, habe ich gar nicht mitbekommen. Zusammen liefen wir endlich nach 4h38 durch den Finish-Bogen. Damit war auch Marathon Nr. 47 erfolgreich beendet.Im Ziel erwarteten mich schon Sonja und Martin. Diese waren schon gut 45 Minuten vor mir ins Ziel gekommen. Nach einem gemeinsamen Foto verließen wir den Platz in Richtung unserer Unterkunft. Da diese nur etwas über 1 km entfernt war, wollten wir dort duschen und frische Kleidung anziehen. Auf die mit unserem Bon angebotene Suppe verzichteten wir. Die entsprechenden Portionen der am Tag davor stattfindenden Nudelparty (für 10 GBP angeboten) hatten uns doch zu sehr enttäuscht. Später habe ich erfahren, dass es eh keine Suppe mehr gegeben hätte. Was am Samstag noch eine schöne aber grüne und nasse Wiese war, war jetzt eine schlammige Angelegenheit - von grün keine Spur mehr. Schon deshalb fiel es uns leicht, wieder zur Unterkunft zu gehen.
Resümee: Der Marathon ist schwerer als gedacht und die Strecke ist alles andere als flach. Trotzdem ist er ein landschaftlich sehr interessanter Lauf und durchaus zu empfehlen. Die Streckenversorgung ist soweit in Ordnung, auch wenn es nichts zu essen gibt. Leider hat niemand von uns Nessie gesehen aber das kann ja vielleicht beim nächsten Mal noch kommen.