USA 2010 - 35. Marine Corps Marathon

Dieser Marathon war schon seit langem auf meiner Wunschliste weit oben. Er gehört mit rund 35.000 gemeldeten Teilnehmern zu den größten Marathons der USA. Allerdings ist die 'Ausfallquote' bereits vor dem Start sehr hoch. Im Ziel sind meist so zwischen 20 und 25.000. Bereits die Marathonmesse mit der Ausgabe der Startunterlagen war beeindruckend (siehe dazu Reisebericht USA 2010). Ein Marathon durchgeführt von den Marines, einer Elitegruppe des amerikanischen Militärs, verspricht schon im Vorfeld eine gute Organisation. Um es vorwegzunehmen: Alles klappte prima. Die Jungs (und Mädels) waren wirklich prima. Dabei fiel mir besonders auf, dass die Streckenversorgung von Soldaten ohne Rücksicht und Ansehen von Dienstgrad durchgeführt wurde. Vom einfachen Soldaten bis zum 3-Sterne-General, alle waren ein tolles Team.

Start und Ziel waren in der Nähe des großen Soldatenfriedhofes in Arlington, VA. Wir fuhren also von unserem Hotel in Washington DC mit der U-Bahn bis zum Bahnhof Pentagon in Arlington. Die U-Bahn war entsprechend voll, die Luft miserabel und die meisten Rolltreppen defekt. Nun ja, das war außerhalb der Zuständigkeit der Marines. Danach wurde die Organisation aber sofort besser. Bereits weit vor dem Start wurden wir zu den sehr übersichtlich geparkten Gepäck-LKW geführt. Die Abgabe ging schnell und reibungslos. Danach erfolgte das Abspielen bzw. Singen der amerikanischen Nationalhymne. Auf einer großen Videotafel wurden wir begrüßt und zum Start geleitet. Die Startaufstellung erfolgte auf einer mehrspurigen Autobahn und jeder konnte sich in das vorgesehene Starterfeld einreihen. Kontrollen gab es keine. Das Gewühle war wie vor jedem Marathonstart aber die Läufergemeinschaft funktionierte auch hier. Wie sollten diesen Teil der Strecke am Ende nochmals genießen dürfen. Pünktlich um 8 Uhr gab es einen lauten Kanonenschlag und auch der Pulverdampf war weit sichtbar.

Aber sonst passierte erst Mal weiter nichts. Nur sehr langsam setzen sich die Läufermassen in Bewegung. Ich hatte mich am Ende des Feldes 4h10 - 4h30 eingereiht und es dauerte noch 16 Minuten, bis auch ich über die Startlinie durfte.
Aber dann ging es doch recht zügig weiter. Wir passierten nun den östlichen Teil des Soldatenfriedhofes.
Ich wusste gar nicht, dass die Marines auch Pferde haben. Jedenfalls hatten sich einige der Kavallerie auf einer Wiese unterhalb des Iwo Jima Memorials, unserem Marathonziel, formiert. Nun ja, es schaute gut aus und wurde gerne fotografiert. Jetzt kam auch schon der erste Anstieg. Er war weder besonders steil noch besonders lang, aber die ersten gingen diesen Teil schon. Es war irgendwie bezeichnend für diesen Marathon, aber dazu mehr am Ende. Insgesamt habe ich bei meinen vielen Gesprächen unterwegs festgestellt, dass es für viele der erste Marathon überhaupt war. Die Amerikaner waren hier auch weitestgehend unter sich, Ausländer waren selten. Wir passierten jetzt das Zielgelände in Rosslyn. Weiter ging es durch einen Park in einer großen Schleife zum Potomac. Diesem folgten wir auf der Uferstraße wieder in Richtung Washington.
Bei Meile 4 verließen wir die Uferstraße und liefen zu einer Brücke hinauf. Über diese passierten wir den Potomac und waren nach 5 Meilen zum ersten Mal in Washington (vorher nur Virginia). Nun begann das Spiel auf der anderen Seite genauso; erst wieder am Wasser entlang, dann durch ein Wohnviertel, in dem einige Häuser schon für Halloween geschmückt waren. Dummerweise ging es die ganze Zeit nun bergauf. Es sollte auch der höchste Punkt des Laufs werden. Aber irgendwann geht's auch wieder runter. Dies war nun nach Meile 8 der Fall und bald waren wir wieder bei der von uns vorher überquerten Brücke. Ein Stück der Strecke waren wir 'im Gegenverkehr'. Konnten wir vorher die deutlich schnelleren Läufer auf der Gegenseite sehen, so sahen wir jetzt die noch langsameren. Bei Meile 10 hatten wir schon einen Vorsprung von ca. 4 Meilen - und das bei unserem gemütlichen Tempo. Wir liefen nun durch die Hauptstraße von Georgetown. Hier war richtig was los und wir wurden von der Bevölkerung angefeuert. Bei Meile 11 am Lincoln Memorial stand dann 'unser' Fanblock, bestehend aus Uli und Gisela. Nach einem kurzen Aufenthalt bei den beiden lief ich weiter.
Jetzt folgte ein langes aber ziemlich langweiliges Stück durch den East Potomac Park. Zuschauer waren selten. An den häufigen Versorgungsstellen, die alle von den Soldaten vorbildlich betrieben wurden, waren meist auch noch einige Soldaten als 'Zuschauer' abkommandiert. Wenigstens diese feuerten uns an. Und wie es sich für Profis gehört, gleich mit dem Megaphon. Zurück ging es ebenfalls wieder durch den Park (es gab ja auch keine andere Möglichkeit, da rundherum Wasser). Auf der anderen Seite des Wassers konnten wir nun die Häuser des Forts McNair sehen. Ich lief zu diesem Zeitpunkt mit einem Angehörigen der Küstenwache zusammen und er erklärte mir genau, welcher Admiral usw. in welchem Haus wohnt. War zwar ganz nett, aber die Namen sagten mir trotzdem nichts. Ich hätte nicht gedacht, dass die Navy so viele Admirale hat. Jetzt umrundeten wir das Washington Monument. Diese Säule, die man innerhalb Washingtons fast immer sehen konnte, war für mich der einzige Bezugspunkt. Weiter ging es am nördlichen Rand der Mall zum Capitol. Hier waren gestern noch über 200.000 Demonstranten aufmarschiert gewesen, jetzt lag der Abfall der Demo in großen Containern.
Vor dem Capitol wechselten wir von der Nord- zur Südseite der Mall und schon ging es wieder zurück. Wieder beim Lincoln Memorial angekommen, war unser Fanblock noch da. Aber auch hier ging es nach einer kurzen Pause weiter, den Potomac abwärts. Bei Meile 20 hieß es dann 'Beat the bridge'. Wir überquerten den Potomac wieder und waren wieder in Virginia. Die Brücke ist nicht zu verachten. Es wehte ein ordentlicher Wind und sie ist gut eine Meile lang. Jetzt kam ein weniger interessanter Teil. Wir liefen im Gegenverkehr durch Crystal City. Sicher, die Leute feuerten uns an, aber es ist schon frustrierend, wenn einem auf der Gegenseite sehr viele Läufer entgegen kommen und man selbst nicht weiß, wann die Wendestelle kommt. Diese lies dann auch recht lange auf sich warten. Nun konnten wir sehen, wer diesen Teil noch vor sich hat. Und auf der Gegenseite war das Feld noch recht geschlossen. Aber irgendwann war dieses Teilstück auch geschafft. Wir liefen nun auf der Schnellstraße am Pentagon vorbei, durchliefen den Startbereich ein zweites Mal und konnten so langsam das Ziel hören.
Das Ziel selbst war oben am Iwo Jima Memorial, dem Ehrenmal der Marines. Dazu ging es zwar nochmals einige Höhenmeter bergauf, aber das störte niemanden mehr. Die letzten hundert Meter vor dem Ziel standen die Marines Spalier und feuerten uns nochmals an. Und dann war mit passieren der Ziellinie ein sehr gut organisierter Marathon zu Ende. Neben der üblichen schönen Medaille gab es noch ein Verpflegungspaket. Ich suchte aber erst Mal den Gepäckwagen auf, denn so langsam wurde es kühl.

Wie am Anfang schon angedeutet, hier noch ein paar Zahlen. Das Wetter war prima: 8°C am Morgen, später etwa 15°C. Trocken und von der Brücke mal abgesehen, sehr wenig Wind. Der Schnellste benötigte 2h23. Ich wunderte mich, denn mit meinen gemütlichen 4h53 war ich ziemlich genau in der Mitte in meiner Altersklasse. Mit dieser Zeit müsste ich in Deutschland damit rechnen, dass es im Ziel keine Verpflegung mehr gibt. Hier aber war in Rosslyn, unserem Zielgebiet, noch alles reichlich vorhanden. Auf den Besuch des Biergartens habe ich allerdings verzichtet. Eigentlich wollten wir mit der U-Bahn wieder zum Hotel zurück fahren. Aber die Schlangen schon oben auf der Straße vor dem Metro-Eingang waren beträchtlich. Deshalb entschieden wir uns, zu Fuß zum Hotel zurückzugehen. Für Uli und Gisela kein Problem und mir war es auch egal. Nach über 42 km kam es auf ein paar mehr auch nicht mehr an; war ja kein Dauerlauf und ich hatte den ganzen Marathon von Anfang an als 'Fun-Lauf' eingestuft, d. h. ohne jeglichen Wettkampfgedanken. Ich war an diesem Tag eh noch ein bisschen unterwegs...