Singapur 2012 - Standard Chartered Marathon Singapore

Bei meinem Aufenthalt auf Sentosa im Dezember 1996 erfuhr ich, dass es in Singapur auch einen Marathon gibt. Dieser findet immer am ersten Sonntag im Dezember statt, mitten in der Regenzeit. Regenzeit heißt: Temperaturen so um die 30°C, häufige z. T. schwere Gewitter und sehr hohe Luftfeuchtigkeit. Ich nahm die Information zur Kenntnis, wohlwissend, dass ich diesen Marathon nie mitlaufen werden würde. Aber man soll nie 'nie' sagen. Als nun bei meinem Aufenthalt 2010 mein 50. Marathon immer näher rückte und ich mich bei meinen Trainingsrunden im Botanischen Garten eigentlich ganz wohl fühlte, reifte dann doch der Wunsch, diesen Jubiläumslauf so kurz vor meinem 60. Geburtstag in Singapur zu absolvieren. Nun ja, so geschah es dann auch. Um es vorweg zu sagen: Zum Marathonlaufen gehört schon ein bisschen Verrücktheit. Aber ein bisschen reicht für diesen Lauf nicht aus.

Der Start ist um 5 Uhr morgens. Von unserem Hotel war es ein kurzer Lauf von ca. 10 Minuten bis zum Start. Es war schon beeindruckend, auf der weihnachtlich geschmückten Orchard Road in Richtung Start zu laufen. Allerdings soll die frühe Uhrzeit nicht täuschen, wir hatten ca. 30°C und gefühlte 120% Luftfeuchtigkeit. Dies bedeutet, dass bereits vor dem Start Socken und Schuhe vom eigenen Schweiß nass waren. Dies sollte später dann zu einigen Blasen an den Füßen und damit Leistungeinschränkungen führen. Aber jetzt fühlten wir uns noch ganz gut. Mit "wir" meine ich, meine Wegbegleiter Sonja, Martin, Markus und mich. Wir waren ja letztes Jahr schon zusammen in Schottland gewesen.

Der Start erfolgt pünktlich. Durch die Orchard Road geht es über Penang Rd, Hill St nach Chinatown. Die Straßen sind seit Mitternacht gesperrt und breit genug, die Läufermasse aufzunehmen. Aber alle laufen in etwa das gleiche Tempo, in unserem Bereich so um die 6min30/km. Das ist zwar nicht schnell aber wir wissen alle, dass der harte Teil noch vor uns liegt. Und die Hitze macht das Ganze nicht einfacher.
Im großen Bogen geht es nun wieder in Richtung Norden, dann weiter nach Osten. Wir passieren den Flyer. Fotos habe ich kaum gemacht, da es einfach noch zu dunkel war. Bei km 12 kommen wir in den East Coast Park. Es geht nun 9 km in Richtung Changi Airport und danach auf einem parallelen Weg das Ganze wieder zurück. Wir sehen noch kurz das Führungsfahrzeug, hinter dem ein einzelner Kenianer flott herläuft. Es hat nun gerade km 30 passiert, ist also bereits 18 km vor mir. Es dauert einige Minuten, bis wir den Zweiten sehen. Aber hier ist es wenigstens etwas angenehmer zu laufen. Da wir direkt am Wasser entlang laufen, kommt immer wieder eine frische Brise bei uns Läufern an. Die ist zwar auch nicht kühler, aber immer noch besser als zwischen den Hochhäusern zu laufen. Bei km 18 wird es heller. Über dem Wasser geht die Sonne auf. Allerdings wird sie durch die Wolken noch gebremst, deshalb hält sich der Temperaturanstieg zum Glück noch in Grenzen. Die musikalische Unterhaltung unterwegs hält sich in überschaubaren Grenzen. Der große Hit ist jahreszeitlich bedingt zurzeit Weihnachtsmusik. Allerdings kommt bei mir bei diesen Temperaturen irgendwie keine Weihnachtsstimmung auf.
Wir laufen jetzt weiter zur Wende, die etwa der Halbmarathondistanz entspricht. Das Feld ist immer noch eng zusammen, aber es gibt kaum Behinderungen.


So, jetzt ist mehr als die Hälfte geschafft. Wir sind jetzt im East Coast Park auf dem Rückweg und sehen die vielen, die noch hinter uns sind. Irgendwo unterwegs hat sich eine Thai Chi Community zu ihren Übungen aufgestellt. Sie lassen sich von den Läufern nicht irritieren. Wie überhaupt Zuschauer auf dem gesamten Lauf selten sind. Bei km 30 verlassen wir den East Coast Park wieder. Für den an diesem Punkt vor fast 2 Stunden gesehenen Spitzenläufer ist das Rennen sicherlich schon lange beendet. Für uns wird es dafür jetzt schwieriger. Wir laufen jetzt durch eine große Baustelle, wobei uns die Clowns auf Stelzen auch nicht so richtig nach vorne peitschen können. Die Sonne hat jetzt doch an Kraft gewonnen; Schatten ist selten. Es geht jetzt am Golfplatz entlang. Wegen der großen Hitze gehen viele. In Richtung Marina Bay, etwa 300 m entfernt, sieht man die Läuferschar in die andere Richtung laufen. Wir erreichen diesen Punkt etwa eine halbe Stunde später. Es geht nun zur Marina Barrage, einem Sperrwerk bei dem mit Hilfe von Ebbe und Flut Strom gewonnen wird. Allerdings hat man von hier einen schönen Blick auf die Skyline Singapurs mit seinen Hauptattraktionen


Jetzt geht es auf der anderen Seite der Marina Bay vorbei an den Gardens by the Bay über einen zum Teil nur notdürftig hergerichteten Weg zur MRT-Station Marina Bay. Jetzt dürfen wir über den Expressway, für den eine Spur für uns Läufer abgetrennt und gesperrt wurde, wieder in Richtung Flyer weitergehen. Es geht bergauf, der Straßenverkehr auf den restlichen Spuren ist rege. Es läuft kaum noch jemand. Irgendwie habe ich den Eindruck, jeder will jetzt nur noch irgendwie ankommen - umkehren macht ja auch keinen Sinn mehr. Bei km 39 verlassen wir den Expressway auf einer für uns komplett gesperrten Ausfahrt wieder und in einem großen Bogen sind wir wieder am Singapore Flyer, dem großen Riesenrad. Hier ist jetzt auch die letzte Getränkestation. Es gibt insgesamt genug davon und trinken ist bei diesen Temperaturen äußerst wichtig. Aber die Läufer sind vernünftig, es gibt nur wenig ernsthafte Rettungsdiensteinsätze. Nachdem wir wieder den Merlion passiert haben, geht es auf die letzten Meter wieder über die Anderson Bridge. Diese habe ich ja bei meinen täglichen Morgenläufen immer genutzt, um auf die andere Seite des Singapore Rivers zu kommen. Bei einigen führt ein letztes Aufbäumen noch zu einem etwas höheren Tempo; ich gehe aber erst mal zu Gisela. Sie steht an einer anderen Stelle als ausgemacht, aber an der vereinbarten Stelle hatte sie nicht stehen dürfen. Nun gut, so geht's auch. Ich kann aber nicht lange bleiben, da das ruhige Stehen bei mir zu Kreislaufproblemen führt. Also, noch einmal Gas geben, vor dem Ziel noch einige Zielfotos schießen und dann ist ein sehr anstrengender Marathon auch für mich zu Ende.


Im Zielbereich bekommt noch jeder ein Finisher-T-Shirt und eine schöne Medaille. Auf der Wiese sind schon gewisse Auflösungserscheinungen zu erkennen. Wir, die wir den kompletten Marathon gelaufen sind, sind halt die letzten. Die Halbmarathoni bzw. 10km-Läufer sowie die Kids sind schon lange vor uns hier durchgekommen. Von der Wiese sehen wir, dass die Flut der eintreffenden Marathonläufer kaum nachlässt. Es sind ja auch noch einige Tausend, die nach mir ins Ziel kommen. Allerdings gibt es mit der Wasser- und Bananenversorgung im Ziel auch keine Probleme. Mehr gibt es eh nicht, aber es dürfte wohl auch noch für die letzten reichen.


Auch zu diesem Lauf noch ein paar Daten, wobei es gar nicht so leicht ist, diese zu erhalten. Für den 'Full Marathon' waren 17.500 Teilnehmer gemeldet. Dieses Limit war bereits einige Wochen vorher erreicht worden, Nachmeldungen waren nicht mehr möglich. Das Zeitlimit betrug 8 Stunden. Ich benötigte für den Lauf 6h22. Eigentlich eine sehr schlechte Zeit, die aber immer noch zum Platz 6.422 von allen, bzw. Platz 2.510 in der AK >40 Jahre reichte. Eine weitere Altersklassenwertung habe ich nicht gesehen.
Die Strecke selbst ist nicht spektakulär, da gibt es schönere. Aber es ist eine richtige Herausforderung, bei diesem Wetter überhaupt 42,195 km durchzuhalten.
Die Streckenversorgung ist in Ordnung. Es gibt ausreichend Trinkwasser und Iso. Ebenso werden an einigen Stationen Power-Gel und Bananen ausgegeben. Wasser für Schwämme usw. gibt es aber nicht.